Jeder Mensch erbt nach den erbrechtlichen Vorschriften in Deutschland grundsätzlich mindestens zweimal. Jedes Kind erbt mit dem Todesfall der Eltern sowohl vom rechtlichen Vater wie von der Mutter. Wird das Erbe testamentarisch ausgeschlossen, entsteht ein Pflichtteilsanspruch gegenüber dem jeweiligen Elternteil. Ein dritter Erbanspruch entsteht, wenn der Verstorbene keine Kinder hatte. In diesem Fall erben zunächst die Eltern des Kindes oder alternativ die Geschwister. Wenn die Eltern zum Zeitpunkt des Todesfalls des Kindes nicht mehr leben und keine Geschwister vorhanden sind, erben die Großeltern, bzw. die Kinder der Großeltern. Je nach Familiengröße wird der Erbteil auf viele Personen verteilt.
Das deutsche Erbrecht sieht keine Erbermittlungspflicht des Staats vor. Einige Bundesländer haben Sonderregelungen für die Erbermittlungspflicht des Staats (z.B. Bayern) erlassen. Sofern kein verwandtschaftlicher Erbe ermittelt werden kann, erbt der Staat als letzte Instanz. Es wird jedoch immer ein Verwandter noch leben. Dieser muss es nur erfahren. Nur von wem?
Im Todesfall werden das Standsamt und das Nachlassgericht informiert. Das Nachlassgericht erhält die Mitteilung, ob eine Testament vorliegt und eröffnet dieses. Liegt kein Testament vor, muss der Nachlass des Erben eigentumsrechtlich geschützt werden. Das Nachlassgericht beauftragt einen Rechtspfleger mit der Bestellung eines Nachlasspflegers. Dieser Nachlasspfleger hat die Aufgabe den Nachlass zu sichern, verwalten und ggf. vollstrecken und die Erbenermittlung durchzuführen.
Der Nachlasspfleger kann ehrenamtlich oder beruflich für das Nachlassgericht tätig werden. Professionelle Nachlasspfleger erhalten eine Vergütung (Stundensatzvereinbarung). Der Nachlasspfleger wird Unterlagen beim Standesamt, den Schriftverkehr des Verstorbenen sichten, Informationen über die verwandtschaftlichen Beziehungen ermitteln und ggf. die Erben erfolgreich ermitteln können. Es ist aber auch möglich, dass der Nachlasspfleger innerhalb einer bestimmten Zeit die Erben nicht ermitteln kann. Wie geht es dann weiter?
Der Nachlasspfleger oder auch der Rechtspfleger beim Nachlassgericht haben die Möglichkeit einen professionellen Erbenermittler zu beauftragen. In Deutschland haben sich eine Reihe von Erbermittler auf die Suche von Erben spezialisiert. Diese Erbenermittler erhalten regelmäßig keine Vergütung vom Nachlasspfleger bzw. Rechtspfleger. Die Erbenermittler ermitteln dann einen Erben und schließen mit diesem Erben eine schriftliche Vereinbarung. Die Erbenermittler erhalten eine Erfolgsprämie vom Erben, wenn das Erbe zur Auszahlung kommt. Eine Zahlung vom potenziellen Erben sollte niemals vereinbart werden.
Die Kosten für die Erbenermittlungsagentur und die Kosten für den Nachlasspfleger sind als Nachlassverpflichtungen steuerlich abzugsfähig. Insoweit wird das Erbe nicht doppelt belastet.
Führt die Erbenermittlung durch den Nachlasspfleger oder die Erbenermittlungsagentur zu keinem Ermittlungserfolg, dann wird ein Erbenaufruf vom Nachlassgericht (jeweils zuständiges Amtsgericht) durchgeführt. Der Erbenaufruf erfolgt im Bundesanzeiger. In diesem Erbenaufruf wird der Name des Verstorbenen, die Anschrift und ggf. weitere Informationen veröffentlicht. Meldet sich innerhalb der Frist keine weitere Person, wird das Erbe zunächst dem Land zugewiesen, in dem die verstorbene Person zuletzt gelebt hat. Werden später ein oder mehrere Erbe(n) ermittelt, gibt der Staat die Erbschaft an die Erben heraus.
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Wir haben im 1. Halbjahr 2020 eine Übersicht über die Anzahl der Erbenaufrufe je Amtsgericht in Schleswig-Holstein in den letzten Jahren erstellt. Die Übersicht zeigt, wie unterschiedlich die Amtsgerichte in Schleswig-Holstein mit dem Thema Erbenaufruf umgehen. Warum die Anzahl in der Landeshauptstadt Kiel so gering ist, lässt sich wissenschaftlich aus unserer Datenanalyse nicht beurteilen. Wir haben auch keine Analyse vorgenommen, wie lange es dauert, bis ein Erbenaufruf vom Gericht erfolgt.
Erbenaufruf im Bundesanzeiger in den Jahren 2014 bis 2019Amtsgericht Schleswig-Holstein |
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Amtsgericht / Jahr | 2014 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | Gesamt |
Amtsgericht Ahrensburg | 7 | 5 | 5 | 4 | 1 | 3 | 25 |
Amtsgericht Bad Segeberg | 0 | 0 | 1 | 2 | 1 | 1 | 5 |
Amtsgericht Eckernförde | 1 | 8 | 3 | 4 | 2 | 1 | 19 |
Amtsgericht Elmshorn | 2 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 2 |
Amtsgericht Eutin | 3 | 2 | 1 | 0 | 2 | 1 | 9 |
Amtsgericht Flensburg | 5 | 2 | 9 | 3 | 0 | 9 | 28 |
Amtsgericht Itzehoe | 6 | 11 | 16 | 14 | 19 | 22 | 88 |
Amtsgericht Husum | 0 | 0 | 1 | 0 | 2 | 0 | 3 |
Amtsgericht Kiel | 2 | 1 | 1 | 2 | 4 | 1 | 11 |
Amtsgericht Lübeck | 5 | 4 | 7 | 4 | 4 | 5 | 29 |
Amtsgericht Meldorf | 2 | 10 | 2 | 3 | 1 | 4 | 22 |
Amtsgericht Neumünster | 0 | 1 | 0 | 0 | 0 | 0 | 1 |
Amtsgericht Niebüll | 1 | 0 | 0 | 0 | 1 | 0 | 2 |
Amtsgericht Norderstedt | 2 | 4 | 1 | 6 | 5 | 1 | 19 |
Amtsgericht Oldenburg i. H. | 3 | 0 | 4 | 6 | 5 | 1 | 19 |
Amtsgericht Pinneberg | 4 | 4 | 2 | 5 | 3 | 4 | 22 |
Amtsgericht Plön | 1 | 0 | 2 | 5 | 3 | 4 | 15 |
Amtsgericht Ratzeburg | 0 | 2 | 1 | 0 | 2 | 1 | 6 |
Amtsgericht Reinbek | 1 | 0 | 0 | 1 | 1 | 1 | 4 |
Amtsgericht Rendsburg | 0 | 0 | 0 | 0 | 1 | 2 | 3 |
Amtsgericht Schleswig | 1 | 1 | 10 | 1 | 5 | 8 | 26 |
Amtsgericht Schwarzenbek | 2 | 2 | 2 | 1 | 0 | 3 | 10 |
Gesamt | 48 | 57 | 68 | 61 | 62 | 72 | 368 |
Auf der Grundlage der Daten vom Statistischen Bundesamt haben sich die Todesfälle in Schleswig-Holstein in den letzten Jahren wie folgt entwickelt.
Jahr | 2014 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 |
Todesfälle in Schleswig-Holstein | 31.676 | 33.663 | 33.879 | 34.455 | 35.921 | 33.235 |
Auf der Grundlage der jährlichen Haushalte des Landes Schleswig-Holstein der letzten Jahre haben sich folgende Einnahmen und Ausgaben aus Erbschaften für das Land Schleswig-Holstein ergeben.
Einnahmen/Ausgaben/Jahr | 2014 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 |
Einnahmen des Landes SH als gesetzlicher Erbe | 615,3 | 754,5 | 314,4 | 555,3 | 292,9 | 400P |
Ausgaben des Landes SH als gesetzlicher Erbe | 452,6 | 571,6 | 72,3 | 24,2 | 28,3 | 250P |
Überschuss des Landes SH als gesetzlicher Erbe | 162,7 | 182,9 | 242,1 | 531,1 | 264,6 | 150P |
Haushaltsstellen 1111 - 11904 und 1111 - 67101 (812) - Alle Angaben in T€ (P = Planung) |